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„Newsletter-Update“ – worüber haben wir schon berichtet?


Ausgabe Juli 2025
Geschrieben von

Judith Herzig

Pflicht zur Arbeitszeiterfassung und Überstundenprozess

Arbeitgeber müssen die Arbeitszeit von Arbeitnehmern erfassen. Das haben der EuGH mit seiner Entscheidung aus dem Jahr 2019 und das Bundesarbeitsgericht mit seinem sog. „Stechuhr-Urteil“ im Jahr 2022 klargestellt. Hierüber hatten wir in mehreren Newsletter-Ausgaben (u.a. Januar 2023, und April 2023) berichtet. Wer indes gehofft hatte, dass es mit der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung für Arbeitnehmer leichter würde, Ansprüche auf Überstundenvergütung gerichtlich durchzusetzen, den enttäuschte das BAG im Jahr 2022:

Arbeitnehmer müssen bei einer Klage auf Überstundenvergütung darlegen und beweisen, dass sie Überstunden tatsächlich geleistet haben und diese vom Arbeitgeber veranlasst wurden. An dieser Verteilung der Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers ändert sich laut BAG durch die Pflicht zur Arbeitserfassung nichts (Urt. v. 4.5.2022 – 5 AZR 359/21, zuletzt bestätigt im Urt. v. 15.5.2025 – 5 AZR 51/24). Dies entschied das BAG zwar konkret nur für die Darlegung der Veranlassung der Überstunden durch den Arbeitgeber. Die Argumentation dürfte aber auf die Darlegung der Überstunden selbst übertragbar sein.

Das LAG Niedersachsen ist von dieser Linie nun aus unserer Sicht abgewichen (Urt. v. 9.12.2024 – 4 SLa 52/24): Gelinge es dem Arbeitnehmer darzulegen, dass er Überstunden geleistet habe, müsse der Arbeitgeber dem anhand von Arbeitszeitaufzeichnungen entgegentreten – und zwar, wie im entschiedenen Fall, selbst dann, wenn die Arbeitszeit gar nicht erfasst wurde. Damit stimmt das LAG dem BAG zwar darin zu, dass es zunächst Sache des Arbeitnehmers ist, aufzuzeigen, weshalb ihm Überstundenvergütung zusteht. Sobald ihm dies aber gelingt, müsse der Arbeitgeber auf Arbeitszeitaufzeichnungen zurückgreifen, um zu erwidern. Ohne entsprechende Aufzeichnungen wird es dem Arbeitgeber kaum gelingen, den Vortrag des Arbeitnehmers zu entkräften, wenn sich die Auffassung des LAG Niedersachsen durchsetzt. Das Gericht hat die Revision zum BAG zugelassen, sodass sich das BAG voraussichtlich zur neuen Rechtsauffassung des LAG äußern können wird.

Neues vom BAG zu datenschutzwidriger Übertragung von Mitarbeiterdaten im Konzern

In unserem Newsletter Januar 2025 hatten wir bereits über die Entscheidung des EuGH aus Dezember 2024 (Urt. v. 19.12.2024 – C‑65/23) zur Betriebsvereinbarung als Grundlage der Datenverarbeitung berichtet. Hintergrund war die Klage eines Arbeitnehmers auf Schadensersatz wegen einer Verletzung der DSGVO durch die Übertragung personenbezogener Daten innerhalb eines Konzerns auf Grundlage einer Betriebsvereinbarung. Das BAG hatte das Verfahren zunächst ausgesetzt und dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der EuGH hat hierzu entschieden, dass eine Betriebsvereinbarung die Grundsätze der DSGVO wahren müsse, um eine taugliche Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung zu sein.

Nunmehr hat das BAG mit Urteil vom 8.5.2025 (8 AZR 209/21 – bislang nur als Pressemitteilung verfügbar) dem betroffenen Arbeitnehmer einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von EUR 200,00 zugesprochen. Es sah in der Übermittlung personenbezogener Daten an die Konzernobergesellschaft einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO, da die Verarbeitung nicht erforderlich gewesen sei. Der aus der Übertragung der Mitarbeiterdaten im Konzern resultierende Kontrollverlust über die eigenen Daten begründete nach Auffassung des Gerichts einen immateriellen Schaden.

Zuletzt: BAG-Entscheidungsgründe bei virtueller Beteiligung

Zu der Entscheidung des BAG vom 19.3.2025 (10 AZR 67/24), über welche wir in der letzten Newsletter-Ausgabe berichtet hatten, liegen mittlerweile die Entscheidungsgründe vor. Aus diesen wird ersichtlich, dass sich das BAG vertieft mit der Einordnung gevesteter virtueller Aktienoptionen (VSOPs) als Gegenleistung für geleistete Arbeit auseinandergesetzt hat. Dabei betont das BAG – entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung – die Ähnlichkeit zu Tantiemen oder Gewinnbeteiligungen, da die VSOPs einen Anreiz schafften, durch gute Arbeitsleistung zum Erfolg des Unternehmen nachhaltig beizutragen. Der mit dem sofortigen Verfall bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses verbundene Verlust dieser Gegenleistung stellt laut BAG eine unangemessene Benachteiligung dar. Etwas anderes könne laut dem BAG dann gelten, wenn die Verfallsklausel berücksichtige, dass der zurückliegende Einsatz des ausgeschiedenen Arbeitnehmers auf den durch das spätere Ausübungsereignis erzielten Exit-Erlös keinen Einfluss mehr habe.