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„Newsletter-Update“ – worüber haben wir schon berichtet?


Ausgabe Januar 2023
Geschrieben von

Dr. Maximilian Kulenkampff

BAG-Urteil zur Arbeitszeiterfassung – jetzt auch mit Entscheidungsgründen

Bereits in unserer Newsletter Ausgabe aus Oktober 2022 haben wir über das aufsehenerregende BAG-Urteil (BAG v. 13.9.2022 – 1 ABR 22/21) zur Arbeitszeiterfassung berichtet. Das Urteil lag seinerzeit nur als Pressemitteilung vor, zwischenzeitlich wurde der Volltext veröffentlicht. Für Leser unseres letzten Beitrages ergeben sich hieraus jedoch kaum Neuerungen. Die wesentlichen Kernpunkte der Entscheidung lauten also weiterhin wie folgt:

  • Prinzipiell muss (sofort) die Arbeitszeit von allen Arbeitnehmern erfasst werden. Ob das auch für leitende Angestellte gilt, ist umstritten, unseres Erachtens aber zu verneinen.
  • Zu erfassen sind Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit sowie Lage und Dauer der täglichen Pausen.
  • Die Form der Erfassung ist nicht vorgegeben. Die Zeiterfassung kann manuell, elektronisch, per App o.ä. erfolgen. Ebenso wenig ist vorgegeben, wer die Zeit erfassen muss. Der Arbeitgeber kann also die Zeiterfassung auf den Arbeitnehmer delegieren. Wenn er das macht, ist er jedoch verpflichtet, die Aufzeichnunen stichprobenartig zu kontrollieren.
  • Verstöße gegen das ArbZG (z.B. die Höchstarbeitszeit, Mindestruhepausen und -ruhezeiten) sind bußgeldbewährt. Verstöße gegen die Zeiterfassungspflicht hingegen – bis zur erwarteten Umsetzung durch den Gesetzgeber und sofern nicht die bereits zuvor geltende Pflicht zur Erfassung von „Überstunden“ (§ 16 ArbZG) betroffen ist – nicht. Die Zeiterfassung bleibt also ein zahnloser Tiger. Auch wenn behördliche Arbeitszeitkontrollen nach unserer Erfahrung immer noch selten sind, ist jedoch anzunehmen, dass die Behörden ihre Maßstäbe verschärfen werden.

Die nähere Ausgestaltung von Formen, Ausnahmen und Sanktionen zur Arbeitszeiterfassung ist die Aufgabe des Gesetzgebers. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat zwar bereits eine Gesetzesinitiative angekündigt. Das war aber schon nach der Entscheidung des EuGH zur Arbeitszeiterfassung im Jahr 2019 so. Ob es diesmal (zeitnah) zu einer Umsetzung durch den Gesetzgeber kommt, bleibt also abzuwarten. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

Verabschiedung des neuen Hinweisgeberschutzgesetzes (HinSchG) durch den Bundestag

Im Dezember 2022 hat der Bundestag den Gesetzesentwurf zum HinSchG verabschiedet (wir berichteten zum damaligen Referentenentwurf in unserer Ausgabe aus Juli 2022). Eine Entscheidung des Bundesrates steht noch aus und erfolgt voraussichtlich im Februar 2023.

Das Gesetz verpflichtet Unternehmen zur Einrichtung interner Meldestellen, bei denen Verstöße gegen bestimmte Vorschriften gemeldet werden können. Der Katalog potenzieller Verstöße ist weit und umfasst sowohl EU-rechtliche Vorschriften (Geldwäsche, Umweltschutz etc.) als auch arbeitsrechtliche Bußgeldnormen (z.B. ArbZG, BetrVG, MiLoG etc.). Neu ist zudem, dass die internen Meldestellen – jedenfalls ab Januar 2025 – auch anonymen Hinweisen nachgehen müssen. Wir gehen jedoch nicht davon aus, dass der Erlass des HinSchG zu einer Hinweiswelle führen und die zuständigen Abteilungen überlasten wird.

Folgende Fristen sollten Sie aus Unternehmenssicht aber trotzdem schon einmal im Blick haben, da die nicht (fristgerechte) Einrichtung der internen Meldestelle Bußgelder zur Folge haben kann: Unternehmen mit min. 50 Arbeitnehmern müssen bis zum 17. Dezember 2023 und Unternehmen ab 250 Arbeitnehmern bis Mitte/Ende Mai 2023 (voraussichtliches Inkrafttreten des Gesetzes) die interne Meldestelle eingerichtet haben.

Umsetzung der EuGH-Entscheidung zur Verjährung von Urlaubsansprüchen durch das BAG

Mit zwei Entscheidungen vom 20. Dezember 2022 hat das BAG (9 AZR 266/20 und 9 AZR 245/19) seine Rechtsprechung zum Verfall von Urlaub noch einmal zu Lasten von Arbeitgebern verschärft: Zum einen hat das BAG die EuGH-Entscheidung vom 22. September 2022 (C-120/21; C-518/20; C-727/20) – wir haben in unserem Newsletter aus Oktober 2022 darüber berichtet – umgesetzt und bestätigt, dass Urlaubsansprüche nicht drei Jahre nach dem jeweiligen Urlaubsjahr verjähren, solange der Arbeitgeber seiner Hinweisobliegenheit in Bezug auf den Urlaub und dessen Verfall nicht genügt hat. Zum anderen hat das BAG die Hinweispflichten auch bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern konkretsiert. Bislang verfielen Urlaubsansprüche von langzeiterkrankten Arbeitnehmern spätestens 15 Monate nach dem jeweiligen Urlaubsjahr. Nach der neueren Rechtsprechung tritt der Verfall nach 15 Monaten nur dann ohne vorherigen Hinweis des Arbeitgebers ein, wenn der Arbeitnehmer seit Beginn des Urlaubsjahres bis 15 Monate danach durchgängig arbeitsunfähig erkrankt war. Dann hatte der Arbeitnehmer nämlich keine Gelegenheit, seinen verbleibenden Urlaub zu nehmen, sodass auch der Hinweis des Arbeitgebers nicht zur Inanspruchnahme von Urlaub geführt hätte. Anders soll es nun aber sein, wenn der Arbeitnehmer im Urlaubsjahr (oder innerhalb von 15 Monaten danach) teilweise wieder arbeitsfähig war. Dann soll laut BAG der Urlaub nicht nach 15 Monaten verfallen, weil ein Hinweis des Arbeitgebers auf den Urlaub dessen Verfall hätte verhindern können.