Unbürokratisches Homeoffice im Ausland? Die neuen fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit machen‘s möglich
Dr. Nils Schramm
Die Vorstellung ist geradezu paradiesisch: Das Notebook ist aufgeklappt, während man entspannt auf dem Liegestuhl mit Blick auf das glitzernde Meer und den blauen Himmel an dem Videomeeting mit den Arbeitskollegen teilnimmt, die sich zur selben Zeit mehrere tausend Kilometer entfernt im verregneten Deutschland befinden.
Die arbeitsrechtliche Umsetzung dieses Szenarios war zuletzt jedoch alles andere als paradiesisch, sondern überaus kompliziert, bürokratisch und latent bußgeldbewehrt. Grund hierfür ist, dass die dauerhafte Beschäftigung von Mitarbeitern im Ausland mit zahlreichen Hürden und Komplikationen verbunden ist. Da eine direkte Anstellung über die deutsche Arbeitgeberin dazu führt, dass der Mitarbeiter u.a. in lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht nach ausländischem Recht zu behandeln ist – was zu erheblichem administrativen Aufwand führt – und das steuerrechtliche Risiko besteht, dass hierdurch eine Betriebsstätte im Ausland begründet wird, hat die Praxis eine „Ausweichkonstruktion“ entwickelt: Anstelle der deutschen Arbeitgeberin wird der Mitarbeiter bei einer sog. Employer-of-Record-Gesellschaft angestellt. Bei einem Employer-of-Record handelt es sich um weltweit tätige Dienstleister mit unterschiedlichen ausländischen Gesellschaften. Soll also ein Mitarbeiter im Ausland beschäftigt werden, kann dieser bei einer dort ansässigen Employer-of-Record-Gesellschaft angestellt werden. Der Vorteil liegt darin, dass sich der Dienstleister gegen Zahlung entsprechender Gebühren um die Arbeitsvertragsgestaltung nach dem jeweiligen ausländischen Recht, die Administration und die Lohnabrechnung kümmert. Der Mitarbeiter erbringt sodann remote seine Tätigkeit im Ausland für die deutsche Arbeitgeberin.
Rechtlich betrachtet, handelt es sich bei dieser Konstruktion um eine Arbeitnehmerüberlassung, da der Employer-of-Record der deutschen Gesellschaft den Mitarbeiter zur Arbeit überlasst. Insoweit bestand schon immer Einigkeit. Die Frage war jedoch, ob hierauf auch das deutsche Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) Anwendung findet und der Employer-of-Record damit eine Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis (AÜ-Erlaubnis) nach deutschem Recht benötigt. Überwiegend ging die Praxis davon aus, dass der territoriale Anwendungsbereich des AÜG nicht eröffnet sei und das AÜG damit keine Anwendung finde. Umso größer war die Überraschung, als die Bundesagentur für Arbeit vor rund einem Jahr kurzerhand erklärte, dass das AÜG auch in diesen Fällen gelte. Dem Geschäftsmodell der Employer-of-Record-Dienstleister war damit die Grundlage entzogen: Weder verfügten diese Gesellschaften über eine AÜ-Erlaubnis, noch war auch nur ansatzweise klar, wie sie eine solche in Deutschland hätten beantragen können. Mit der Einschaltung eines Employer-of-Record-Dienstleisters bestand somit insbesondere das Risiko, eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit zu begehen (§ 16 Abs. 1 Nr. 1a AÜG).
Die daraufhin entbrannte Kritik zeigte indes Wirkung: Zum 1. Oktober 2025 hat die Bundesagentur für Arbeit ihre fachlichen Weisungen erneut angepasst und klargestellt, dass das AÜG keine Anwendung finde, wenn der Mitarbeiter „ausschließlich online für Entleiher in Deutschland tätig [wird], ohne auch nur einmal nach Deutschland zu reisen, um dort zu arbeiten.“ Dauerhaftes Arbeiten aus dem ausländischen Homeoffice ist damit also wieder unbürokratisch möglich und selbst eine kurzzeitige Unterbrechung der Beschäftigung im warmen Süden – etwa durch eine Dienstreise ins kalte Deutschland – muss aus Mitarbeitersicht nicht mehr befürchtet werden, da die deutsche Arbeitgeberin ansonsten das Risiko einer Ordnungswidrigkeit eingeht. Mit anderen Worten – und bewusst überspitzt formuliert: Arbeiten in Deutschland nur gegen Zahlung eines Bußgeldes!