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Pauschale Überstundenabgeltung – Was Arbeitgeber bedenken sollten


Ausgabe Juli 2025
Geschrieben von

Hannah Lüttge

Pauschale Überstundenabgeltungs­klauseln sind in vielen Arbeitsverträgen Standard: „Mit dieser Vergütung sind sämtliche Überstunden abgegolten.“ Arbeitgeber wollen damit vermeiden, Überstunden zusätzlich vergüten zu müssen, und zugleich verhindern, dass Mitarbeiter ohne Rücksprache Überstunden aufbauen. Aus psychologischer Sicht kann dies sinnvoll sein, da Mitarbeiter ihre Arbeitszeit eher im Blick behalten, wenn sie damit rechnen müssen, für Überstunden nicht zusätzlich vergütet zu werden. In der Praxis wird die Klausel daher oft als pragmatisches Instrument zur Steuerung von Arbeitszeiten gesehen.

Rechtlich sind die Grenzen solcher Klauseln jedoch eng gezogen. Pauschale Überstundenabgeltungsklauseln sind regelmäßig nach § 307 BGB unwirksam, wenn sie nicht erkennen lassen, welche und wie viele Überstunden von der Pauschalabgeltung erfasst sein sollen. Bei Mitarbeitern mit einem Einkommen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (2025: EUR 90.600 brutto jährlich) bleibt dies meist folgenlos, da es ihnen regelmäßig an einer sog. objektiven Vergütungserwartung für Überstunden fehlt. Sie dürfen also aufgrund ihrer hohen Vergütung nicht erwarten, für Überstunden zusätzlich vergütet zu werden und können daher für Überstunden keinen Vergütunganspruch durchsetzen, selbst wenn die pauschale Überstundenabgeltung in ihrem Arbeitsvertrag unwirksam ist. Auch bei Mitarbeitern unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze führt die Unwirksamkeit der Klausel aber nicht zwangsläufig zu einer Vergütungspflicht für etwaig geleistete Überstunden. Vielmehr besteht eine Vergütungspflicht bei diesen nur, wenn auch die sonstigen Voraussetzungen nach § 612 Abs. 1 BGB erfüllt sind.

Konkret müssen Mitarbeiter bei einer Klage auf Überstundenvergütung darlegen und beweisen, dass sie Überstunden tatsächlich geleistet haben und diese vom Arbeitgeber veranlasst wurden. Beide Voraussetzungen stellen für Arbeitnehmer regelmäßig eine hohe Hürde dar. Günstig für Arbeitgeber ist zudem, dass die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung nach der Rechtsprechung des EuGH und des BAG nichts an dieser strengen Darlegungs- und Beweislast ändert. Das hat das BAG hat erst kürzlich erneut klargestellt (Urt. v. 15.5.2025 – 5 AZR 51/24).

Allerdings hat sich das LAG Rheinland-Pfalz (Urt. v. 3.5.2024 – 7 Sa 69/23) jüngst erneut mit einer solchen pauschalen Überstundenabgeltungsklausel befasst. Das Gericht stellte zunächst – wenig überraschend – klar, dass die pauschale Abgeltungsklausel unwirksam sei. Zugleich betonte das Gericht jedoch, dass eine pauschale Abgeltungsklausel im Überstundenprozess als Indiz dafür gewertet werden könne, dass Überstunden vom Arbeitgeber geduldet oder erwartet würden und damit von ihm veranlasst worden seien. Es geht in seiner Deutlichkeit über die bisher – wenngleich in dieselbe Richtung deutende –  BAG-Rechtsprechung aus dem Jahr 2022 hinaus, wonach eine Pauschalabgeltungsklausel geeignet sei, bei Mitarbeitenden den Eindruck zu erwecken, der Arbeitgeber erwarte auf der betreffenden Position grundsätzlich die Leistung von Überstunden (Urt. v. 4.5.2022 – 5 AZR 474/21). Im Ergebnis hilft diese Rechtsprechungslinie dem Arbeitnehmer bei der Erfüllung seiner Darlegungslast und ist daher potenziell nachteilig für den Arbeitgeber. Eine ursprünglich zur Vermeidung von Vergütungsansprüchen gedachte Regelung kann so im Streitfall zur Argumentationshilfe für Arbeitnehmer werden.

Pauschale Überstundenabgeltungsklauseln haben somit eine doppelte Wirkung: Sie können abschreckend wirken, bergen aber zugleich rechtliche Risiken, falls es zu einem Überstundenprozess kommt. Arbeitgeber sollten diese Wirkung kennen und bei der Vertragsgestaltung bedenken. Letztlich bleibt es eine Abwägungsfrage, ob der psychologische Nutzen solcher Klauseln die möglichen Risiken in einem Streitfall rechtfertigt.