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„Newsletter-Update“ – worüber haben wir schon berichtet?


Ausgabe April 2025
Geschrieben von

Dr. Richard Petras

Kündigungsschutz nach dem Hinweisgeberschutzgesetz

Im Newsletter aus Juli 2022 haben wir über den damaligen Gesetzentwurf zum Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) berichtet, das am 2. Juli 2023 in Kraft trat. Geregelt ist im HinSchG unter anderem, dass Arbeitnehmer, die bestimmte Gesetzesverstöße aufdecken/melden, aufgrund dieser Meldung keine Repressalien erleiden dürfen. Gegen das Repressalienverbot verstoßende arbeitsrechtliche Maßnahmen (wie etwa eine Kündigung) sind unwirksam. Unter welchen genauen Voraussetzungen eine Maßnahme eine verbotene Repressalie ist, ist aber bislang unklar.

Das LAG Niedersachsen hat nun in einem aktuellen Urteil (v. 11.11.2024 – 7 SLa 306/24) entschieden, dass Arbeitnehmer, die sich auf die Unwirksamkeit einer im Anschluss an die Meldung ausgesprochenen Kündigung berufen wollen, im Einzelnen nachweisen müssen, dass 1.) der Arbeitgeber tatsächlich gegen eine in § 2 HinSchG genannte Rechtsnorm verstoßen hat – die Meldung daher rechtmäßig war – und 2.) die Meldung das wesentliche Motiv für den Ausspruch der Kündigung war.

Im zu entscheidenden Fall hatte der Arbeitnehmer (Leiter Recht im Bereich Corporate Office) gegenüber dem Geschäftsführer des Unternehmens kartellrechtliche Bedenken gegen ein Vorhaben geäußert. Das daraufhin eingeholte Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass kein Kartellrechtsverstoß vorliegt. Der Arbeitnehmer hielt das Gutachten jedoch für fehlerhaft und teilte dies dem Geschäftsführer der Beklagten auch mit. Noch vor Ablauf der vereinbarten Probezeit kündigte das Unternehmen das Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer ordentlich und fristgerecht. Das LAG erachtete die Kündigung für wirksam, unter anderem, da der Verstoß gegen die kartellrechtliche Regelung nicht dargelegt und somit der Anwendungsbereich des HinSchG nicht eröffnet war.

Keine Anrechnung böswillig unterlassenen Erwerbs bei Freistellung und Darlegungspflichten des Arbeitgebers

In unseren Newslettern aus Juli 2023 und Juli 2024 haben wir über die Rechtsprechung des BAG und anderer Gerichte zum Annahmeverzugslohn nach Ausspruch einer Kündigung berichtet. Gemäß § 615 S. 2 BGB / § 11 KSchG muss sich der Arbeitnehmer auf seinen Annahmeverzugslohn sowohl anderweitig erzielten (etwa aus einer aufgenommenen Folgebeschäftigung) als auch böswillig unterlassenen Erwerb (etwa bei nicht ausreichenden Bewerbungsbemühungen auf eine neue Stelle) anrechnen lassen. Im Einzelnen umstritten – und Gegenstand der behandelten Rechtsprechung – ist dabei immer wieder die Frage, welche Bemühungen der Arbeitnehmer bei der Suche einer neuen Stelle entfalten muss und wie hierbei die Darlegungs- und Beweislast verteilt ist.

Nunmehr hatte sich das BAG (Urt. v. 12.2.2025 – 5 AZR 127/24) mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein Arbeitnehmer sich bereits während einer bis zum Ablauf der Kündigungsfrist geltenden Freistellung um anderweitige Beschäftigung bemühen muss. Das BAG entschied, dass sich der Arbeitnehmer böswillig unterlassenen anderweitigen Erwerb während der Kündigungsfrist nur dann anrechnen lassen muss, wenn eine Weiterbeschäftigung während der Kündigungsfrist für den Arbeitgeber unzumutbar gewesen wäre. Die Unzumutbarkeit muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen. Gelingt ihm dies nicht, besteht für den Arbeitnehmer keine Pflicht, schon vor Ablauf der Kündigungsfrist ein anderes Beschäftigungsverhältnis einzugehen und daraus Verdienst zu erzielen. Ob der Arbeitnehmer schon während der Freistellung Bewerbungsbemühungen in Bezug auf eine neue Stelle für die Zeit nach der Freistellung entfalten muss, hat das BAG aber ausdrücklich offengelassen.

Ferner hat das BAG im genannten Urteil die Darlegungspflichten des Arbeitgebers klargestellt/geschärft, wenn dieser sich darauf berufen möchte, der Arbeitnehmer habe es böswillig unterlassen, sich auf vom Arbeitgeber übersandte Stellenanzeigen zu bewerben. Der Arbeitgeber hat nach dem BAG unter anderem darzulegen, wann welche Stelle in den Jobportalen online gestellt wurde, ob diese bei Übersendung noch zu besetzen war und ob der Arbeitnehmer sie hätte erhalten können. Ferner sind Aussagen zum erzielbaren Verdienst der jeweiligen Stelle erforderlich. Diese hohen Anforderungen sollten bereits bei der Übersendung von Stellenanzeigen im Hinterkopf behalten werden; sie zu erfüllen, dürfte in der Praxis dennoch regelmäßig eine große Herausforderung darstellen.