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Beendigung von Home-Office: Grenzen des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts


Ausgabe April 2025
Geschrieben von

Dr. Sophie Spicker

Die Arbeit im Home-Office hat sich spätestens während der Corona Pandemie als weit verbreitetes Arbeitsmodell etabliert. Derzeit geht der Trend in vielen Unternehmen allerdings wieder dahin, vermehrt Büropräsenz anzuordnen und Home-Office einzuschränken oder ganz abzuschaffen. Dass die Umsetzung einer solchen „Return-to-Office-Policy“ nicht immer einfach ist, zeigt eine aktuelle Entscheidung des LAG Köln (Urt. v. 11.07.2024 – 6 Sa 579/23).

Anlass war die Klage eines Projektmanagers gegen eine aus seiner Sicht unwirksame Versetzung (und hilfsweise Änderungskündigung) an einen anderen Unternehmensstandort in 500 km Entfernung zum Heimartort des Klägers. Der Kläger war seit 2017 bei dem beklagten Arbeitgeber, einem Automobilzulieferer mit verschiedenen deutschen Standorten, als Projektmanager und Niederlassungsleiter beschäftigt. Aufgrund der Corona-Pandemie und in Einverständnis mit dem Arbeitgeber arbeitete der 55-jährige Kläger seit drei Jahren zu 80% im Home-Office und bei den Kunden des Automobilzulieferers. Nach seinem Arbeitsvertrag bezog sich sein Einsatzort je nach Projekt aber auf die gesamte Unternehmensgruppe. Anlässlich der Betriebsschließung des Heimatstandorts widerrief der Arbeitgeber die Erlaubnis, im Home-Office zu arbeiten und versetzte den Arbeitnehmer (hilfsweise per Änderungskündigung) an einen anderen Standort. Der Arbeitnehmer lehnte dies ab und erhob Klage.

Das LAG Köln gab dem Kläger recht. Zur Begründung führte es aus, dass die Versetzung die Grenzen des billigen Ermessens gemäß § 106 GewO (Weisungsrecht des Arbeitgebers) überschreite. Der Entzug der Home-Office-Erlaubnis sei nicht durch überwiegende sachliche Arbeitgeberinteressen gerechtfertigt. Der Kläger habe ein erhebliches Bestands- und Ortsinteresse, da er über Jahre hinweg im Home-Office gearbeitet habe und familiär sowie logistisch an diesen Ort gebunden sei. Seine Darlegung, dass der Kontakt zu Kunden zur Erfüllung dieser Aufgaben projektbezogen bei diesen vor Ort geschehe und zwar überwiegend per Telefon und Computer, sei vom Arbeitgeber nicht konkret bestritten worden. Zudem habe der Arbeitgeber nicht konkret vorgetragen, welche Tätigkeiten anfielen, die eine Anwesenheit im Betrieb notwendig oder auch nur zielführend erscheinen ließen. Die Betriebsschließung rechtfertige somit zwar grundsätzlich die Versetzung an einen anderen Standort, nicht jedoch den damit verbundenen Entzug der Home-Office-Erlaubnis.

Die Entscheidung des LAG Köln verdeutlicht, dass der Entzug einer einmal – ausdrücklich oder stillschweigend – erteilten Home-Office-Erlaubnis kein Selbstläufer ist. Sie zeigt aber auch, dass allein die Tatsache, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung über einen gewissen Zeitraum im Home-Office erbringen durfte, kein schutzwürdiges Vertrauen an einer auch zukünfitgen dauerhaften Tätigkeit aus dem Home-Office schafft. Andererseits gilt: Ist Home-Office vorbehaltsloser Vertragsinhalt geworden, kann dieser vertragliche Anspruch nur noch einvernehmlich mit dem Arbeitnehmer oder – in Ausnahmefällen – durch Änderungskündigung wieder beseitigt werden.

Arbeitgeber sind gut beraten, die Gewährung von Home-Office sowie dessen mögliche Beendigung mittels einer arbeitsvertraglichen Home-Office-Vereinbarung oder auf kollektiver Ebene mittels einer Betriebsvereinbarung klar zu regeln, um die Reichweite des arbeitgeberseitigen Weisungsrechts rechtssicher auszugestalten. Besonderer Sorgfalt bedarf dabei die Ausgestaltung der Versetzungs- bzw. Rückkehrklauseln im Hinblick auf den Arbeitsort. Darüber hinaus muss die Beschränkung oder der Entzug von Home-Office im Einzelfall billigem Ermessen entsprechen, d.h. insbesondere die Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigen. Die hierfür darzulegenden „betrieblichen Gründe“ des Arbeitgebers sind – wie die Entscheidung des LAG Köln zeigt – keine ganz unproblematische Hürde und sollten daher gut dokumentiert werden.